Eine zweifelhafte Bestellung – Doskozils Erbe mit Ablaufdatum

Die Ernennung des Ex-Tennisprofis Clemens Trimmel zum Geschäftsführer der Bundessport GmbH erfolgte unter bemerkenswerten Umständen.

Mitte November ist die Champions Sports Bar des Wiener Hotels Marriott gerammelt voll, Sportminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) präsentiert dort die Geschäftsführer der neuen Bundessport GmbH: Clemens Trimmel, einst Tennisprofi, und Michael Sulzbacher, seit 1999 Geschäftsführer der Bundessporteinrichtungen GmbH (BSG).

Trimmel soll künftig Sportförderungen bemessen und vergeben, Sulzbacher wird als kaufmännischer Direktor für das Budget zuständig sein. Es sind zwei zentrale Funktionen in Österreichs Sportförderwesen, deshalb ist deren Besetzung gesetzlich geregelt.  Trimmel und Sulzbacher sind nach dem geplanten Inkrafttreten der BSK für die Verteilung von 120 Millionen Euro Bundessportförderung pro Jahr zuständig.

Und das kam so.

Doskozil war noch nicht lange im Amt, als er das Desaster der österreichischen Mannschaft bei den Olympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro 2016 erlebte: eine Bronzemedaille des Seglerduos Tanja Frank/Thomas Zajac war die einzige Ausbeute. Statt die Probleme und Defizite des heimischen Sportbetriebs zu analysieren und Ziele der künftigen Arbeit zu definieren, ging Doskozil den oftmals erprobten und stets in die Irre führenden Weg seiner Vorgänger: er wollte „die Strukturen“ reformieren. Das Hauptanliegen dabei war, Fördergeldempfänger wie beispielsweise große Sportverbände von den Fördergeldverteilern, beispielsweise ÖSV-Präsident Schröcksnadel oder ÖFB-Präsident Leo Windtner, zu trennen. Also ließ er das Bundessportförderungsgesetz 2017 verfassen, das im vergangenen Sommer als eines der letzten Gesetze das Parlament passierte und eben die Gründung der Bundessport GmbH als neue Subventionsverteilungsstelle nach sich zog.

Bei der Postenbesetzung wählte der Minister Promis statt anerkannter Experten: Er installierte Armin Assinger, den ORF-Quizmaster („Die Millionenshow“), als Aufsichtsratsvorsitzenden der BSG. Assinger hat noch nie einen Aufsichtsrat geführt und noch nie Sportförderungen verhandelt oder vergeben. Er wird die rechtmäßige Vergabe von Steuergeld kontrollieren.

An jenem Morgen in der Champions Sports Bar offenbarte BSG-Aufsichtsratsvorsitzender Assinger, wie er sich für den Posten qualifizierte hatte: Bei einem Zusammentreffen mit dem Minister bei einer Diskussion über Schulskikurse wenige Monate zuvor kamen die Herren ins Gespräch, und Doskozil war offenbar so begeistert von Assingers, dass er ihm wenig später den Job anbot.

Von den beiden Geschäftsführern der BSG ist einer der das Budget, der andere für die Bemessung und Administration der Sportförderungen zuständig. Doskozil konnte den einen, für die kaufmännischen Angelegenheiten zuständigen Geschäftsführer, also Michael Sulzbacher, quasi freihändig bestellen. Sulzbacher ist ein Profi, der seit 1999 eine 100% Tochter des Bundes, die Austrian Sports Resorts, leitet. In dieser Gesellschaft sind die 1999 ausgegliederten Bundessportheime zusammengefasst, sie wird nun der Bundes Sport GmbH angeschlossen, Sulzbacher ist für die wirtschaftlichen Agenden beider Gesellschaften zuständig.

Für den sportlichen Geschäftsführer, Trimmel, brauchte Doskozil den Vorschlag des BSG-Aufsichtsrates. An dieser Stelle setzen die Zweifel an, ob die Konstruktion das halten kann, was sie verspricht.

Der Aufsichtsrat, den es gar nicht gibt

Das Bundessportförderungsgesetz 2017 sieht in Paragraf 32, Absatz 2 vor:

„Die Bundesministerin/der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport hat die Geschäftsführerinnen/die Geschäftsführer auf die Dauer von fünf Jahren zu bestellen, die Geschäftsführerin/den Geschäftsführer für Förderungen der Sportorganisationen auf Vorschlag des Aufsichtsrates.“

Das heißt, dass eine erst am 1. 1. 2018 zu gründende Gesellschaft im Sommer einen Aufsichtsrat haben musste, um Doskozil bei der Bestellung des Geschäftsführers beizustehen. Das ist rechtlich nicht möglich. Der Präsident der Bundes Sportorganisation Rudolfs Hundstorfer ist einer der Aufsichtsräte der BSG und löst den Konflikt so auf: „Der Minister kann alle vorbereitenden Maßnahmen treffen, um die Gesellschaft entstehen zu lassen. Karl Stoss, Ulrich Zafoschnig, Armin Assinger und ich haben uns als Expertenrunde getroffen und einen Vorschlag gemacht.“

Das heißt, der Aufsichtsrat war noch kein Aufsichtsrat, als er dem Gesetz folgend dem Minister riet, den Ex-Rodler Markus Prock, den amtierenden Geschäftsführer des Bundessportförderungsfonds (BSFF) Wolfgang Gotschke oder Clemens Trimmel zu ernennen.

Stimmt. Ist aber eher egal, sagt der Anwalt und Gesellschaftsrechtsexperte Peter Melicharek. Melicharek: „Ein Aufsichtsrat ist mit Eintragung der Gesellschaft im Firmenbuch im Amt.“ Und die soll wie gesagt am 1. 1. 2018 erfolgen. Die „Umgehung“ der Vorschlagspflicht durch eine „Herrenrunde“ sei „mit Einschränkung“ in Ordnung, falls die „mögliche Umsetzung der gefassten Willensbildung durch billigende Kenntnisnahme nach Errichtung“ ermöglicht werde.

Armin Assinger anwortete auf Fragen nicht.

Da Doskozil als Sportminister noch vor Weihnachten nach der Angelobung der neuen Regierung durch Vizekanzler HC Strache ersetzt wird, steht diese nachträgliche Billigung allerdings in Frage. Die FPÖ steht der Auslagerung der Förderagenden vom Sportministerium in die BSG skeptisch gegenüber und könnte das ganze Konstrukt kippen.

In diesem Zusammenhang ist ein weiterer problematischer Aspekt von Interesse. Der Jurist des Sportministers, Alois Schittengruber, erstellte nämlich Anfang Oktober eine Expertise, in der er die BSG bloß als neue Rechtsform des seit vier Jahren bestehenden Bundessportförderungsfonds (BSFF) bezeichnet.

„Gemäß § 28. Abs. 1 BSFG 2017 wird der durch BSFG 2013 eingerichtete Bundes-

Sportförderungsfonds mit Wirksamkeit 1.1.2018 in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit der Firma „Bundes-Sport GmbH“ umgewandelt“, schreibt Schittengruber. Es handle sich um eine „formwechselnden Umwandlung“, bei der „die Rechtsverhältnisse, wie zum Beispiel aufrechte Arbeitsverhältnisse, als ident fortgesetzt“ werden.

War eine Ausschreibung überhaupt notwendig?

Das heißt, von der Verteilung der Fördergelder über die Geschäftsführung bis zum Betriebsrat übernimmt die BSG alle Rechte und Pflichten des BSFF. Bei der Errichtung einer Gesellschaft ist laut §110 Arbeitsverfassungsgesetz der Betriebsrat beizuziehen. Das geschah jedoch nicht. Was in diesem Fall nicht schlimm ist, da die BSG ja erst am 1. 1. 2018 und mit ihr auch der Aufsichtsrat entsteht.

„Wir können nix machen“, sagen die BSFF-Betriebsräte Barbara Oesen-Blain und Christian Halbwachs. Sie haben sich bei der Arbeiterkammer und beim ÖGB erkundigt und erfahren, „dass der Herr Minister mehr oder weniger machen kann, was er will, um die Gesellschaft vorzubereiten.“

Freundlich war es freilich nicht und für einen sozialdemokratischen Minister keine Ruhmestat, den Betriebsrat nicht zu informieren und einzubinden.

Macht wiederum nix, sagt Doskozil in einer ausführlichen Stellungnahme, denn über die Geschäftsführung könnten Betriebsräte nicht mitbestimmen. Die neue Gesellschaft erwachse erst am 1. Jänner 2018 in Rechtskraft, dann übernehme der alte Betriebsrat, also der des BSFF, die neue Funktion und könne Mitglieder in den Aufsichtsrat entsenden.

Verwirrend, mag sein, aber verwirrend sind auch die Folgen von Doskozils Entscheidung

Der bisherige Geschäftsführer des Bundessportförderungsfonds (BSFF), Wolfgang Gotschke, geht nämlich bis Februar 2019 auf Staatskosten spazieren. Er hätte laut Schittengrubers Analyse bis zum Ende seines Vertrags weiterbeschäftigt werden können. Gegen Ende seines Vertrags hätte man in Ruhe den Nachfolger ausschreiben und, auch mittels eines Dreiervorschlags des dann ordentlich konstituierten Aufsichtsrats installieren können.

Der einzig mögliche Schluss aus Schittengrubers Analyse: Die Ausschreibung und die ihr folgenden Umwege waren überflüssig. Ein weiterer möglicher Schluss aus dem geschilderten Procedere: Doskozil wollte unbedingt und noch im letzten Augenblick Fakten schaffen.

Auch die Sportverbände hatten sich Gotschke als neuen alten Geschäftsführer gewünscht und Doskozil vorgeschlagen. Doch Doskozil ignorierte den Wunsch der Sportfunktionäre.

Wäre er diesem Wunsch gefolgt, hätte er sich auch die Diskussionen um Trimmels Qualifikation erspart. Sie bildet einen weiteren Ansatzpunkt für die neue Regierung, die vorliegende Regelung zu kippen

Die Kleider des Neuen

Eine Postenbesetzung in einer 100-prozentigen Tochter des Bundes unterliegt den Vorschriften des Stellenbesetzungsgesetzes. Demnach hat das für die Besetzung zuständige Organ, also Minister Doskozil, „die Stelle ausschließlich aufgrund der Eignung der Bewerber zu besetzen“.

Die öffentliche Ausschreibung hält die wesentlichen Kriterien der Eignung fest, die alle Kandidaten nachzuweisen haben.

16 Männer und eine Frau reichten eine Bewerbung für den sportlichen Geschäftsführer ein. Das Personalberatungsunternehmen Arthur Hunt führte mit sechs von ihnen ein Assessment Center durch. Aus dem fünfstündigen Test, in dem komplexe Managementfähigkeiten wie Delegieren, Erkennen von Zusammenhängen und Setzen von Prioritäten geprüft wurden, ging Trimmel als Bester hervor.

Wiens Bürochef von Arthur Hunt, Jacques A. Mertzanopoulos, weist darauf hin, dass es sich dabei um eine Momentaufnahme handle: „Vergangenheit und Vorwissen zählen nicht. Der Test ist standardisiert, also bei allen Kandidaten genau gleich.“ Die Ausschreibung verlangt aber auch Erfahrung in der Sportförderung, „Fähigkeit zur Führung von Mitarbeitern und in Veränderungs- und Innovationsprozessen“.

Trimmel studierte nach dem Ende seiner Tennisprofikarriere an einer Fachhochschule Unternehmensführung und arbeitete anschließend als Produktmanager beim Glücksspiel- und Sportwetten Anbieter bwin. Von 2012 bis 2014 war er Daviscup-Kapitän und Sportdirektor im Österreichischen Tennisverband.

Doskozil will Trimmels Tätigkeit als Daviscup-Kapitän und seine Mitarbeit an den Sonderförderprojekten „Rio 2016“ und „Projekt Olympia“ als Beweis seiner Qualifikation gewürdigt sehen. Ob das reicht? Trimmel sammelte bloß die Wünsche der Verbände ein, die Abwicklung und Kontrolle erfolgte im Ministerium.

Dort kontrolliert seit Jahren eine erfolglose Mitbewerberin Trimmels, Doris Di Giorgio, Sporttförderungen, zum Beispiel das „Projekt Olympia“, und bewarb sich als einzige Frau unter 17 Bewerbern. „Welche fachliche Qualifikation hat er?“, fragte sie gegenüber der Tageszeitung Der Standard. „Offensichtlich wurden schon im Vorfeld entsprechende Vereinbarungen getroffen, von einem offenen und fairen Verfahren ist daher keine Rede“, sagt Di Giorgio.

Dem Ansinnen der Schiebung widerspricht Mertzanopoulos entschieden. „Es gab keinerlei Vorgabe“, sagt er.

Ob der Vertrag Trimmels klug war und halten wird, ist eine andere Frage. Der neue Sportminister könnte allenfalls einen neuen Geschäftsführer suchen. Trimmels Vertrag löste sich aber „nicht durch seine Entfernung aus dem Amt auf“, schreibt Anwalt Melicharek. „Er müsste aufgelöst werden.“ Um viel Geld. Die Gehälter der beiden BSG-Geschäftsführer bewegen sich jeweils jenseits der 200.000 €-Marke.

Der „rechtliche Schwebezustand“ der Bundes Sportgesellschaft“ wird erst „durch Eintragung im Firmenbuch und Duldung/Billigung der bestellten Geschäftsführung durch den dann im Amt befindlichen Aufsichtsrat“ geheilt, sagt Melicharek. Das Spannungsmoment in diesem Spiel ist die Regierungsumbildung.

Dieser Beitrag wurde unter Uncategorized abgelegt und mit , , , , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort zu Eine zweifelhafte Bestellung – Doskozils Erbe mit Ablaufdatum

  1. fritz köhler schreibt:

    das jahrzehntelange sportförderungsdrama wird einfach durch einen furiosen neuen und wieder einmal freihändigen akt erweitert. bemerkenswert, wie locker das geld sitzt bei solchen weitreichenden (fehl)entscheidungen im ach so förderungswürdigen sport, in dem es sonst auf jeden euro ankommt (wenn man in die vereine schaut)

Hinterlasse eine Antwort zu fritz köhler Antwort abbrechen