Marcel Koller macht, was Albert Einstein wusste

Österreichs Nationalteam begann die EM-Qualifikation gegen Schweden mit einem 1:1 in Wien und viel Selbstzufriedenheit

Albert Einstein hat Wahnsinn so definiert: „Immer dasselbe tun und hoffen, dass etwas Anders herauskommt.“ Österreichs Fußball-Nationalmannschaft spielt an wichtigen Punkten stets in der selben personellen Zusammensetzung, und immer wieder hoffen Teamchef Marcel Koller, die eingebetteten Journalisten und die von Zeitungen und ORF blöd gemachte österreichische Öffentlichkeit, dass etwas Anderes herauskommt. Der Einstieg der Österreicher in die EM-Qualifikation endete mit dem 1:1 gegen Schweden so wie immer. „Wir waren das bessere Team“, behauptete David Alaba (Bayern München). Tatsächlich? Das „bessere Team“ erarbeitete sich in den 90 Minuten keine einzige ernsthafte Torchance und war auf einen Elfer Alabas angewiesen, um ein Tor zu machen.

Die Schweden waren es zufrieden, eine Stunde lang die motiviert aber planlos angreifenden Österreicher abzufangen, den Ausgleich mit einer schönen Kombination aus einem Freistoß heraus zu erzielen und anschließend das Spiel den müden Österreichern aus den Händen zu nehmen. Zlatan Ibrahimovic fiel zweimal richtig auf. Das erste Mal gewann er vor dem 1:1 einen Kopfball gegen Alaba. Das zweite Mal rammte er Alaba den Ellbogen ins Gesicht. Und die Schweden hatten Pech, ein Knaller des Ausgleichstorschützen Zengin prallte von der Querlatte ins Spiel zurück.

Aber wie soll das österreichische Spiel auch funktionieren, wenn auf der linken Seite zwei Spieler herumgurken, die seit geraumer Zeit dazu offensichtlich nicht mehr in der Lage sind, und doch von Herrn Koller aufgestellt werden. Es handelt sich um Christian Fuchs (schalke 04) und den unsäglichen Marko Arnautovic (Stoke City). Fuchs erholt sich von einer Knieverletzung, ihm fehlen Spielpraxis und die körperlichen Voraussetzungen für so ein Spiel. Die Spielintelligenz von Christian Fuchs war ohnehin nie überragend, er ist auf den Flow angewiesen, der sich erst nach etlichen Spielen und einer überragenden körperlichen Verfassung einstellt. Und Arnautovic entpuppt sich immer mehr als der eingebildete Superkicker, der Tricks probiert, grantig dreinschaut und das Tor nicht trifft. An ihm hat Teamchef Koller offenbar einen Narren gefressen. Egal, welchen Unsinn Arnautovic, der einmal bei Werder Bremen spielte, auch im Laufe eines Spiels anstellt, er wird das nächste Mal wieder mitmachen.

Man könnte nun noch etliche andere Fehlgriffe des ÖFB-Teamchefs aufzählen und analysieren. Fest steht, dass sich die Mannschaft entgegen der flächendeckenden vorauseilenden Euphorie keinen Schritt weiter entwickelt hat. Das Flügelspiel funktioniert nicht, links ist dank Fuchs-Arnautovic Pause, rechts sorgen Martin Harnik (Stuttgart, ein Schatten seiner selbst) und sein neuer Vereinskollege, der willige aber unbedarfte Florian Klein für Harmlosigkeit. Der Mittelstürmer Marc Janko hat in Europa keinen Klub mehr gefunden und spielt nun in Australien.

Es mag stimmen, was Koller vor dem Match gesagt hat: Janko war die 18stündige Anreis nicht anzumerken, er hat sich nie mehr bewegt als er das im Spiel gegen Schweden getan hat. Wenn er nicht einen Schuss genau auf den Kopf kriegt, bringt er den Ball nicht ins Tor. Im Kombinationsspiel auf dem Feld ist Janko seit jeher eine Vorgabe, er ist weder flink genug noch technisch hinreichend ausgebildet dazu. Alles egal, Koller vertraut ihm, Janko spielt.

Diesmal wurde er gegen Ende des Spiels von Rubin Okotie ersetzt, einen ganz anders gearteten Stürmer, der einige Tore in der zweiten Deutschen Bundesliga (1860 München) erzielt hat. Auch ein Beleg für Kollers erratische Personalpolitik. An der Null-Effizienz des österreichischen Angriffsverhaltens änderte das genau gar nichts.

Was wirklich schmerzt, ist freilich Österreichs Mittelfeld. Es mag ja noch angehen, dass mit Julian Baumgartlinger (Mainz 05) ein Dauerläufer neben Alaba im defensiven Mittelfeld agiert, der nach vorne überhaupt keine Idee hat. Dafür ist ja Alaba zuständig, wie offenbar für ohnehin alles, was ihm nicht ausdrücklich untersagt ist, wie Torhüter spielen. Aber die Mittelposition des offensiven Dreiers vor der Doppelsechs ist mit Zlatko Junuzovic besetzt. Der spulte zur hemmungslosen Begeisterung der österreichischen Medien wieder einmal ein sagenhaftes Laufpensum herunter. Doch er erzeugte persönlich keine Torgefahr, noch gab er dem Spiel überraschende Wendungen oder schlug entscheidende vertikale Pässe. Ein Dauerläufer ist auf dieser kreativen Position ungefähr so sinnvoll wie ein Rapper mit Sprachfehler.

Kollers Personalentscheidungen sind seit langem mit einem Nebel an Fragwürdigkeit umgeben. So hielt er jahrelang an dem technisch unbedarften Innenverteidiger Emmanuel Pogatetz (kickt ab sofort in der Major Soccer League) fest, obwohl mit Alexander Dragovic (Kiew) ein weit besserer Mann zur Verfügung stand. Doch langsam erinnert Kollers Personalpolitik an einen Mann, der partout nicht lernen will – oder kann. Und dazu kommt noch ein wichtiger Aspekt. Die Tatsache, dass die Mannschaft nach einer Stunde des aggressiven Gegenpressings einging wie ein Oktopus auf einem sonnigen Felsen mag dem hohen Tempo geschuldet sein. Doch das zwingt zur Frage: warum verfolgt man einen Spielplan, von dem man wissen muss, dass er nicht über 90 Minuten halten kann? Keine Mannschaft bringt ein solches Tempo über 90 Minuten – okay, Barcelona konnte das in ihrer besten Zeit.

Was hat sich Koller dabei gedacht außer nichts? Und wenn das stimmt, was fachkundige Menschen vom ÖFB-Training erzählen, erhebt sich außerdem die Frage, ob Koller die Mannschaft nicht für das Spiel frisch gemacht, sondern durch allzu ehrgeizige und intensive (acht gegen acht über das ganze Ffeld) Einheiten verbannt hat.

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Eine Antwort zu Marcel Koller macht, was Albert Einstein wusste

  1. werner schreibt:

    typischer österreichischer sportjournalistenkommentar.
    immerhin hat österreich ein weiteres mal mit 1:1 gewonnen!
    die qualifikation ist also nur mehr formsache!

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