Das österreichische Sportfördersystem leidet an administrativer Schwerfälligkeit und belohnt kreative Abrechnungen.
Österreichs Spitzensport ist eine geschützte Werkstatt. Hier werden Jahr für Jahr mindestens 40 Millionen Euro verteilt, um Athleten Ausbildung und Beruf zu finanzieren. Noch einmal 40 Millionen Euro fließen in den Nachwuchs- und Breitensport, die von den Vorfeldorganisationen von SPÖ (Askö) und ÖVP (Sportunion) sowie dem nicht politisierten Asvö betreut werden. Geld ist reichlich vorhanden, doch es fehlt am (politischen) Mut, Prioritäten zu setzen.
Die mit der Fördergeldabrechnung verbundene Administration ist ein Mühlstein um den Hals der Sportler, Vereine und Verbände. Doch die Affäre im Schwimmverband, der sich mit Scheinrechnungen 2011/12 jeweils mehr als 36.000 Euro Fördermittel sicherte, die er sonst hätte zurückzahlen müssen, wäre ein Anlass, im Bundessportfördersystem administrative Erleichterungen zu gewähren.
Vielleicht wird die geschützte Werkstätte sogar von Misstrauen auf Vertrauen umgestellt. In Deutschland beispielsweise wird, verkürzt gesagt, mit einem Verband über einen vereinbarten Zeitraum ein Katalog von Zielen und Förderungen festgelegt. Am Ende werden Erfolge und Misserfolge evaluiert, und ein neuer Plan wird erarbeitet. Oder eben nicht. Bis dahin fließt die Förderung ohne lästige Prüfung jedes Belegs. Das gibt den Verbands- und Vereinsbüros Planungssicherheit, befreit Funktionäre vom „Zwang“, mit buchhalterischer „Fantasie“ ihre Etats über Wasser halten zu müssen.
Sportler müssen viele Trainingsreisen vorfinanzieren und darauf hoffen, nach der Heimkehr dank der gesammelten Spesenzettel die Kosten rückerstattet zu bekommen. Verbände und Vereine wiederum stehen vor dem Dilemma, dass sie Athleten Reisekosten vorstrecken, von ihnen aber in vielen Fällen nur unvollständige Belegsammlungen erhalten.
Die Differenz zwischen Anzahlung und Abrechnung mit Belegen müssten die Vereine/Verbände der Sportbehörde zurückzahlen. Denn das Ministerium darf nur anerkennen, was schwarz auf weiß vorliegt. In dieser Zwangslage bitten manche Funktionäre andere Funktionäre, Vereine oder Freunde, „Rechnungen“ zu kreieren. In der Regel dürfen die Angesprochenen einen Teil des auf solche Weise unrechtmäßig erworbenen Fördergeldes behalten. Sie unterstützen damit wiederum Sportler oder bezahlen Trainingsgerät, Benzin für Wettkampfreisen oder Trainer. Das Geld bleibt im Sport, private Bereicherung ist unter ehrenamtlichen Funktionären selten. Dennoch ist das Verfahren illegal.
Vor Jahren wurde ein solches Geldbeschaffungssystem im Eisschnelllaufverband nur publik, weil die neue Verbandsführung Anzeige gegen die Vorgänger wegen mutmaßlicher Malversationen eingebracht hatte. Der damalige Nationaltrainer hatte zahllose Spesenabrechnungen in Form von sogenannten Eigenbelegen (Taggelder, Kilometergeldabrechnungen) abgegeben, denen zufolge er sich wiederholt an weit voneinander entfernt liegenden Orten Europas aufgehalten hatte – am selben Tag.
Der beklagte Ex-Präsident räumte vor Gericht ein, der Verband habe von den kreativen Abrechnungsmethoden des Trainers gewusst und sie gebilligt. Denn nur über erfundene Spesenabrechnungen habe man das vereinbarte Honorar zusammenkratzen können.