Rapids neuer Präsident Michael Krammer über Titel, AG und Stadion
Im Nebenzimmer isti damals der Rapid-Trainer Peter Pacult mit Leuten von RB Salzburg zusammengesessen. Eine Art historisches Schaudern macht sich breit. Pacult wurde von der Rapid entlassen. Jetzt sitzt Michael Krammer hier beim Pfarrwirt in Grinzing. Der Verein hat eingeladen, um den Chef mit Journalistenfragen anzufüttern. „Die Wahl eines Rapid-Präsidenten ist ja ein Staatsakt.“ Das hat er während der Hauptversammlung zu seinem Vorgänger Rudolf Edlinger gesagt. Der Stolz auf die persönliche Promotion schimmert durch. Aber ahnt er auch, was er sich da aufgeladen hat? Die Rapid mit ihren hyperventilierenden, selbstgerechten Fans ist ein Weinberg, dessen Fröhlichkeit rasch von heftigen Gewittern verwüstet werden kann. Der mit allen Wassern gewaschene Politkämpe Rudolf Edlinger war den Wechselfällen gewachsen. Ob die modernen Kommunikationstools und Anschafferqualitäten Krammers den Verein in den Griff kriegen, wird sich erst weisen.
„Wir haben unseren Trainer Zoran Barisic gefragt“, antwortet er auf die Einser-Frage nach dem nächsten Meistertitel. Der letzte (2008) ist immerhin fünf Jahr her. „Er hat gesagt: ja, die Mannschafft hat es drauf. Wenn sie zusammenbleibt.“ Nicht heuer, nicht nächstes Jahr, aber irgendwann werden die Jungspunde um Schaub erwachsen und ein frischer Spielmacher wird den alternden Steffen Hoffmann ersetzt haben. Dann könnte sich die Augenhöhe mit Didi Mateschitzs Liebhaberei RB Salzburg ausgehen.
Die Zeiten sind hart für einen Fußballklub, der Jahr für Jahr rund 20 Millionen € aufstellen muss. Krammer kennt das „von der anderen Seite“, sagt er. „Wenn ein internationaler Konzern um Sponsoring in Österreich gebeten wird, schaut er sich den Markt an und sagt: acht Millionen? Bitte net bös sein, nein danke!“
Bis April will er eine (nicht börsennotierte) AG für die Profiabteilung eingerichtet haben. Drei Vorstände soll sie haben: Jeweils einen für Sport, Finanzen und Marketing. Da sie im Unterschied zu einem Verein berechtigt sei, Vorsteuer abzuziehen, ermögliche sie insbesondere bei den anstehenden Investitionen in die Infrastruktur erhebliche Einsparungen. Da Krammer wie sein Vorgänger Edlinger die Übersiedlung der Rapid von Hütteldorf in ein neu zu errichtendes Happel-Stadion für ausgeschlossen hält, wird er das Hanappi-Stadion neu bauen: 50 Millionen € wird es kosten. „Wir haben ein Projekt, das Bieterverfahren, die Vorstufe zu einem Architekturwettbewerb, ist jetzt in der zweiten Runde“, sagt Krammer. Das Geld soll, wie bereits von Edlinger im Falter bekannt gegeben, von einer bisher nicht genutzten Förderzusage der Stadt Wien (17 Mio €), Ersparnissen bei der Errichtung der Rapid-Akademie (2 Millionen Euro), dem Verkauf des Namens Rapid (15) Millionen €) und einem Kredit (15 Millionen) kommen.
Wie will er den Kredit bedienen? Mit der erhöhten Kapazität von St. Hanappi II (25.000 Plätze) und mit den Einnahmen aus viel mehr VIP-Logen und –Plätzen. Krammer: „Und ich will die freien Flächen auf den Trikots von Spiel zu Spiel verkaufen. Das haben wir bisher unterschätzt.“
Doch namhafte Sponsoren wollen nachhaltig wahrgenommen werden, das kurztaktige Geschäft würde also einen Wechsel der Klientel nach sich ziehen. Ein Oberarm bei der Rapid ist (pro Spiel) schätzungsweise 15.000 bis 20.000 € wert. Im Wiener Derby. Aber was ist mit den Spielen gegen WAC und Grödig? Riskiert die Rapid mit dem Match-zu-Match-Verkauf Preisdiskussionen, gar Preisverfall, Planungsunsicherheit und eine Verunsicherung der Wirtschaftspartner?
Das Stadion wird um 90 Grad gedreht werden und damit den Hütteldorfer Winden nicht mehr Einlass gewähren. So hatte es der Rapid-Kicker und Architekt Gerhard Hanappi auch ursprünglich angelegt. Die Ecken werden zugemacht, um die – in die Planung eingebundenen – Anrainer vor dem Lärm zu schützen. Die Flutlichter werden von den Türmen geholt und in das Dach integriert, sodass die Nachbarn künftig beim Abendessen selber das Licht werden aufdrehen müssen. Die Gästebusse werden von der Linzer Straße in den Tiefbauch des Stadions dirigiert.
Für Krammer ist das alles eine Art Deja Vu. Sein Vater arbeitete in Hanappis Büro, als der die Rapid-Kathedrale plante. Der Bub atellt nun, wie das Söhne so machen, Papas Werkl um.