Der Zirkelschluss ist die strategische Übung eines Teils des sogenannten Qualitätsjournalismus, der mehr für die Zerstörung des politischen Diskurses tut als die TV-Privatsender
Jetzt veröffentlicht das „profil“ den Beweis dafür, dass für jede Banallösung ein Beweis geliefert werden kann. Mittels einer Umfrage, dem journalistischen Totschlagargument, wird das Argument untermauert, dass die Österreicher sich von Finanzministerin Maria Fekter in der EU schlecht vertreten fühlen: 47% der Befragten sind dieser Meinung, das ist im Glücksspiel eine Pari-Chance. Wer mit solchen Aussagen gegen die Novomatic, beispielsweise, antreten wollte, hätte keine bessere Chance aufs Gewinnen als den Zufall. Aber wir sind hier nicht in einem Spielcasino, wir sind einen Schritt weiter, im Qualitätsjournalismus.
Es ist, wie es der Journalist Peter Rabl im Kurier so treffend ausgedrückt hat, „zm Fremdschämen“. In seiner sonntäglichen Kolumne hat der ehemalige Kurier- und profil-Chefredakteur Rabl den Ton angeschlagen, den das profil nun offenbar bei den Österreichern abgehört hat: Fekter ist eine unmögliche Person. Damit wären wir bei einem der Grundmotive des Qualitätsjournalismus: der Personalisierung. Ein komplexer Sachverhalt und eine regierungspolitische Strategie, nämlich die Verteidigung der geradezu existentiellen Interessen österreichischer Banken am Bankgeheimnis, wird zum schlechten Benehmen und provinziellen Politikverständnis einer Ministerin simplifiziert.
Eine Angelegenheit auf einen derart primitiven Nenner zu bringen ist nicht nur kein Qualitätsjournalismus und das Gegenteil einer Analyse, solch ein Kommentar erfüllt wohl den Tatbestand der Banalisierung, wie er ORF-Serien – siehe die klischeegesättigten „CopStories“ – kennzeichnet. Für seichte TV-Serien mag das durchgehen, den Anspruch der seriösen politischen Analyse unterläuft so ein Kommentar aber wie der Brennertunnel den Brenner.
Das Merkwürdige an der Sache aber ist nicht nur die Emotionalisierung, wenn Rabl beispielsweise Fekter mit der als „Eiserne Lady“ titulierten und jüngst verstorbenen Margaret Thatcher vergleicht, die in England Hunderttausende Menschen durch ihre menschenverachtende Wirtschaftspolitik ins Elend trieb. „Beim provinziellen Plagiat scheppern die lockeren Schrauben in rostiger Rüstung“ schreibt Rabl. Wer da noch nicht über Fekter lacht, dem ist ja wirklich nicht mehr zu helfen. Ach, was haben wir nur für eine hilflose, sture, unfähige, provinzielle, eingebildete Finanzministerin!
Als wäre das der Kern des Problems. Wer dem Publikum einen wichtigen Aspekt der aktuellen Politik derart geschmäcklerisch aufbereitet, muss sich die Frage gefallen lassen, ob er nicht von den von Fekters Unsäglichkeit verborgenen Interessen ablenken will. Oder sie nicht zur Kenntnis nimmt? Natürlich schreibt Rabl auch „von echten Problemen dr Österreicher“ und nennt dabei die drohenden weiteren Zuschüsse der Republik an die marode Hypo Alpe-Adria und die „kalteProgression der Lohnsteuer, die „dem Mittelstand jährlich 500 Millionen mehr abknöpft“. Das sind tatsächlich Probleme, aber auch sie können nicht die Tatsache übertünchen, wie auch der Falter völlig zu Recht dargestellt hat, dass Österreichs aufgeblasener Bankensektor unter anderem mithilfe Fekters verzweifelt um ein lukratives Geschäftsfeld kämpft.
Das profil macht nun mit der Umfrage den Zirkelschluss perfekt. Erst ein Problem personalisieren, die Person unmöglich machen, schließlich das Publikum fragen, wie unmöglich die Person ist und schließlich knallhart analysieren, dass da sProblem eben die Person ist. Worauf man das nächste Ringelspiel besteigt und mit ernst-analytisch-besorgten Mienen eine personelle Alternative sucht.
Und im Hintergrund lachen sich ein paar Strippenzieher ins Fäustchen. Wahrscheinlich sogar Fekter selber. Denn ihr Auftreten und die Reaktionen darauf machen ihr sicher die geringsten Sorgen.