Eines Tages war er da. Saß auf dem Platz von Hannes Jarolim und blickte stumm im Saal herum. Otto Pendl legte das Herrenhandtäschchen vor sich auf den Tisch und wartete, dass es Abend werde. Es war der 30. Mai und der parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Klärung von Korruptionsvorwürfen unter anderen gegen die Ex-Minister Karlheinz Grasser und Ernst Strasser sowie Unternehmen in teilstaatlichem Besitz sollte die Erstellung des Regionen und Ressorts übergreifenden Behördenfunknetzes durchleuchten.
Bis dahin hatten Zeugen geschildert, wie schleißig das von Ernst Strasser geführte Innenministerium die Ausschreibung für den Behördenfunk formuliert hatte. Weder seriöse Kostenrechnungen noch Angaben über die Zahl der Abnehmer und der technischen Anforderungen waren vorgegeben. 2002 hatte ein Konsortium („Mastertalk“) der Firmen Siemens, Raiffeisen und Wiener Stadtwerke (Projekt Adonis, ) den Auftrag erhalten, das hoffnungslos veraltete, vielkanalige, analoge Funknetz von Polizei, Feuerwehr, Bundesheer, Rettung und anderen Organisation zu digitalisieren und zusammenzulegen. Die Gruppe wurde mit fadenscheinigen Argumenten aus dem Vertrag gedrängt und schließlich mit Steuergeld abgefunden. Mit Mastertalk wurde ein Vergleich geschlossen, die dafür notwendigen 30 Millionen Euro sollte nach Strassers Bitte das Finanzministerium (Grasser) aus den für Zivildienst (3 Millionen €) und Flüchtlingsbetreuung (27 Millionen €) vorgesehenen Budgetmitteln entnehmen.Eine Arbeitsgruppe aus Telekom Austria, Alcatel und Motorola erhielt den Zuschlag, das (bis heute bloß in Wien, Tirol und Niederösterreich installierte) Tetra-Netz zu errichten. In diesem Zusammenhang soll die Telekom Austria dubiose Zahlungen an diverse Firmen und Personen, unter anderen an Alfons Mensdorff-Pouilly, geleistet haben.
Der U-Ausschuss hatte die ÖVP (wie vorher das BZÖ und die FPÖ) als Polit-Kasperltheater entblößt. Außerdem war absehbar, dass nach der Sommerpause die Ausschussvorsitzende Gabriela Moser und der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Peter Pilz, die Inseratenaffäre um Kanzler Werner Faymann und Staatssekretär Ostermayer sorgfältigt durchleuchten würden. Faymann und Ostermayer und womöglich der eine oder andere nutznießende Zeitungsherausgeber als Zeugen unter Wahrheitspflicht! Das wäre einmal ein lohnender Tag gewesen. Die SPÖ stand und steht im Verdacht, ein Polit-Kaspertheater zu sein, in dem Pseudo-Journalisten und Möchtegern-Zeitungen Dauergast waren. Da traf es sich gut, dass der SP-Fraktionsführer Hannes Jarolim dem Gefühl nachgab, sich zu wenig um seine Anwaltskanzlei zu kümmern. Otto Pendl übernahm den Vorsitz der SPÖ-Ausschussgilde.
Jarolim hat im Mai behauptet, das alles habe mit der ÖVP nichts zu tun. Heute weiss man, dass er recht hatte. Heute gibt der Chef des ÖVP-Parlamentsklubs Karlheinz Kopf zu, dass es um die Koalition geht. Aber das stimmt mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht. SPÖ/ÖVP lassen einfach nicht einreissen, dass in diesem Land jemand anderer als sie selbst Politik macht. Und was Politik ist, das bestimmen sie selber.
Es geht um den Schönheitsschlaf des Otto Pendl. Müssten Faymann/Ostermayer im U-Ausschuss aufmarschieren, brächte nicht einmal Otto Pendl ein Auge zu. Dümmliche Artikel mit dem Konterfeit des Verkehrsministers Faymann sind Politik. Wenn Josef Cap behauptet, Faymann brauche nicht zum U-Ausschuss, weil er im ORF-Sommergespräch mit Armin Wolf ohnehin schon alles gesagt habe, ist das Politik.
Wenn Dauerlächler Cap wieder einmal im Verdacht steht, einen Untersuchungsausschuss aus Parteiräson abzudrehen, ist das Politik. Der Grüne Werner Kogler hat im „Datum-Interview“ erzählt, wie Cap den Banken-Untersuchungsausschuss in dem Augenblick zugemacht hat, als Raiffeisen drankommen sollte. Aus Angst, die Raiffeisen-Zeitung Kurier werde die SPÖ „irgendwohin kampagnisieren“.
Otto Pendl als „Abrissbirne der SPÖ“ bezeichnen, ist verkehrt. Otto Pendl war in all den Tagen, da er dem U-Ausschuss beischlief, zu keiner der Aufklärung dienenden Frage imstande. Am ersten Tag seiner Schlafkur bramabasierte er über Sinn und Einrichtung des Behördenfunks in einem Stil, der entfernt an die deutsche Sprache von übermüdeten Kindern erinnerte. Jeder interessierte Staatsbürger kann das in den parlamentarischen Protokollen nachlesen: http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/KOMM/KOMM_00230/imfname_254628.pdf
Das Demokratiependel schwingt indessen unbeirrt Richtung Aufklärung. Otto Pendl hat den Leuten klar gemacht, dass die Einstellung des Untersuchungsausschusses nicht weniger Aufklärung über Parlament und Regierung abwirft als noch so pitzelige Fragen von Peter Pilz. Manchen gibt’s der Herr eben im Schlaf. Die SPÖ- und ÖVP-Parlamentarier werden Fragen beantworten müssen: Wofür Parlamentarier Geld kriegen, wenn sie die Arbeit nicht erledigen, die ihnen die Verfassung vorschreibt? Nämlich die Regierung im Namen der Staatsbürger zu kontrollieren, statt sie vor den Staatsbürgern zu beschützen. Aber bis es so weit ist, können sie die Sache noch einmal überschlafen. Wenn nicht im Ausschuss, dann anderswo in Parlament oder Partei. Ein Otto Pendl findet überall einen passenden Arbeitsplatz.
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