Wer KH Grasser im U-Ausschuss und die Fragen an ihn hört, könnte an der Ernsthaftigkeit des U-Ausschusses zweifeln. Die einzige Ausnahme bildet Peter Pilz.
Peter Erlacher war Abteilungsleiter im Finanzministerium, als dort Karlheinz grasser regierte. Er war zuständig fürs Glücksspiel und als dort 2006 ein Abänderungsantrag des Glücksspielgesetzes eintraf, der eine Aufweichung des Glücksspielmonopols zugunsten des Automatenherstellers Novomatic und zum Nachteil der Casinos Austria zum Inhalt hatte, war er überrascht. Er, der im Ministerium für die Vorbereitung solcher Initiativen kompetent war, wusste nichts von einer derartigen Aktion, die eine langjährige, gut argumentierte Praxis schlagartig geändert hätte. Noch dazu erhielt er vom Generalsekretär des Ministeriums, Peter Quantschnigg, mit dem Abänderungsantrag den Auftrag, keinem Menschen außerhalb des Ministeriums und schon gar nicht den Casinos Austria von diesem Papier zu erzählen.
Das sei zumindest sehr ungewöhnlich gewesen, sagt Erlacher über den Maulkorbbefehl. Und vor ihm hatte der erste Zeuge des Ausschusstages, der Ex-Lobbyist Peter Hochegger, erklärt, es sei nicht so ungewöhnlich, dass er oder andere Interessenvertreter Gesetzesanträge formulieren. Zeuge Grasser nahm genau dieses Detail als Beweis, dass das Ministerium und damit er eben keine Initiative zur Änderung des Glücksspielgesetzes vom Zaun gebrochen haben. Wortreich und zunehmend redundant führte er aus,d ass er das Wohl der Republik im Auge gehabt habe und von der Steigerung der Produktivität bis zur Senkung des Defizits wichtigere Dinge zu erledigen hatte.
Und kein Abgeordneter fragte ihn danach: warum erhielt der zuständige Abteilungsleiter im Finanzminister vom Generalsekretär die Anweisung, nur ja nicht die Casinos Austria über eine drohende Gesetzesanderung zu informieren? Wo doch in den Casinos die Republik ein Drittel der Anteile hielt, also das Finanzministerium den Eigentümervertreter zu spielen hatte. Kaum war Grasser nicht mehr Finanzminister, stieg er als dritter Gesellschafter in die Valora Solutions ein, in der schon sein Freund Walter Meischberger und Peter Hochegger Anteile hatten. Von März 2007 an, als Grasser eingestiegen war, erhielt das Unternehmen rund 378.000 € von Meischbergers Valora und 600.000 € von einer Firma namens Austrian Gaming Industries, einer Tochter der Novomatic. Grasser konnte oder wollte auf mehrfache Fragen des Peter Pilz keine Leistung nennen, die er für Valora oder die AGI erbracht hatte. Allerdings sagte er auch, dass er zwar Honorare eingebracht, aber keine Ausschüttungen erhalten habe. Pilz äußerte schließlich den Verdacht, Grasser habe nachträglich Belohungen von der Novomatic erhalten – für Dienste, die er ihr mutmaßlich als Finanzminister geleistet habe. Grasser wies die Aussage von Pilz als Unterstellung zurück und antwortete mit Untergriffen, die sich auf Pilz‘ Gemeindewohnung bezogen. Worauf Pilz in Anspielung auf Grassers Penthouse sich bereit erklärte, die jeweiligen Wohnungen zu vergleichen.
Aber da waren schon rund zwei Stunden vergangen, in denen die ÖVP, das BZÖ und die FPÖ Zeit mit unerheblichen Fragen vergeudet hatte. Zeit, in der man erhebliche Zweifel an der Effizienz und Ernsthaftigkeit des Ausschusses aufbauen konnte. Stunden, in denen hauptsächlich die ÖVP eine Stundenvernichtungsaktion wie seinerzeit in der Mittelschule aufgebaut hatte, nur damit beschäftigt, vom Kern der Sache abzulenken und nicht allzu lächerlich zu erscheinen.
Und Grasser spielt mit den Abgeordneten wie kein Zweiter. Man merkt, wie er sie aufs Glatteis führt, wenn er behauptet, dass die Nicht-Initiative des Ministeriums im Fall des Glücksspielgesetzes seine Seriosität beweise. Wo es doch genau darum NICHT geht. Denn der Abänderungsantrag kam von außen, der entsheidende Punkt ist, wie Grasser und seine Kollegen damit verfuhren. Und da türmen sich jede Menge Fragen auf.
Diese Fragen nicht gestellt zu haben, müssen sich am Dienstag sämtliche Abgeordneten mit Ausnahme von Peter Pilz vorwerfen lassen. Grasser ging lächelnd von dannen. Wieder einmal wusste er, warum.
Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.