Christian Hoffmanns angebliches Tonbandprotokoll von einer Sitzung der NADA ist ein Skandal: Aufdeckung wird vorgegeben, Vernebelung angestrebt.
Christian Hoffmann ist ein ehemaliger ÖSV-Langläufer und verurteilter Sportbetrüger. Die Nationale Anti-Doping Agentur NADA hat ihn wegen „Anwendung einer verbotenen Methode zum Zwecke des Dopings im Sport, durch (Mit)Besitz von Gerätschaften zum Zwecke des Dopings im Sport sowie durch Handeln bzw. Verabreichung von verbotenen Methoden durch Überlassung von Gerätschaften zum Zwecke des Dopings im Sport an andere Sportler“ (Zitat aus dem Urteil) zu einer Sperre von sechs Jahren, beginnend mit dem 11. Dezember 2009, verurteilt.
Der Spruch wurde am 6. Dezember 2011 veröffentlicht. In der Verhandlung am Tag zuvor „vergisst“ Hoffmann sein Handy. Der Akku ist bummvoll, denn das Gerät nimmt vier Stunden lang auf. Dreieinhalb Monate später tauchen Teile des Protokolls auf, und zwar kurz vor Hoffmanns Berufungsverhandlung vor dem Unabhängigen Schiedsgericht. Zufälligerweise im ÖSV-Medienpartner Kronen Zeitung. Mit ausgewählten Zitaten aus der Aufnahme wird der Eindruck erweckt, die Mitglieder der NADA-Rechtskommissin seien Sexisten und wollten Hoffmann mit fragwürdigen Argumenten am Zeug flicken.
Prompt spekuliert Hoffmann damit, seine Chancen in der Berufung gegen die sechsjährige Sperre seien durch die Indiskretion gestiegen. Der Vorsitzende der Rechtskommission, Gernot Schaar, will Hoffmann klagen. Eine illegale Tonbandaufnahme sei ein strafrechtlich relevantes Delikt, sagt Schaar.Die Anwälte des Österreichischen Skiverbandes (ÖSV) geben sich empört. Natürlich nicht über Hoffmanns Vergesslichkeit, Respektlosigkeit, angebliche Dopingvergangenheit oder die mediale Inszenierung. Sie echauffieren sich vielmehr über Herrenwitze der Kommissionsmitglieder und die Urteilsfindung. Der ÖSV fordert „Konsequenzen“, soll heißen neue, unpeinliche Doping-Richter.
Der Fall Hoffmann zieht sich seit Jahren, Hoffmanns Anwälte bemühten sich redlich, die Sache in die Länge zu ziehen, indem sie beispielsweise Zweifel an der Zuständigkeit der NADA anmeldeten. Jetzt haben sie endlich, endlich eine Handhabe gegen die Agentur, wenn auch nicht im juristischen Sinn.
Die Zweifel an der Effizienz und Unabhängigkeit der NADA begannen nicht mit Hoffmanns Handyaufnahme. Der seltsam formulierte, unglaubwürdige Freispruch von Dinko Jukic war der vorletzte Fall. Die NADA hat in Dopingverfahren übrigens Parteienstellung, sie hat in der Causa Jukic jedoch nicht Berufung angemeldet.
Die Bedenken von Sportminister Norbert Darabos gegen die NADA, deren Chef Andreas Schwab und die Rechtskommission mögen begründet sein, sie treffen aber nur einen Teil des Problems. Zweifel an der Argumentation mächtiger Verbände und hochdekorierter Sportler wären ebenfalls an der Zeit. Die Einrichtung einer wirklich unabhängigen NADA mit einem Geschäftsführer, der nicht erst eingeschult werden muss, tut ebenfalls Not. Herren-Witze sind peinlich, unerträglich aber ist der Gedanke, dass mit medialen Kampagnen Verfahren gegen Sportbetrüger beeinflusst werden könnten. Es darf doch wohl nicht wahr sein, dass ein in erster Instanz nicht rechtskräftig verurteilter Dopingsünder sich mit medialem Rückenwind zur moralischen Instanz über seine Richter aufspielt. Ein faires Verfahren allerdings muss sein. Was noch sein könnte: die ÖSV-Anwälte und Hoffmann sind ihrer Argumentation nicht sicher sind und nehmen Zuflucht zur Skandalisierung.
Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.
Siehe auch johann@skocek.com