Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zum Thema „hat sich die Telekom Austria 2006 ein Gesetz gekauft“ hat sein erstes erhebliches Ergebnis gezeitigt. Am Dienstag sind die Abgeordneten nämlich wieder draufgekommen, dass sie von der Staatsanwaltschaft einige Akten nicht erhalten haben. Es geht unter anderem um die Zeugenvernehmungen des ehemaligen Kabinettsmitarbeiters Stefan Weiss in Hubert Gorbachs (BZÖ) Infrastrukturministerium und um die Beschuldigtenvernehmung des ehemaligen Gorbach-Kabinettschefs Rüdiger Schender vor dem Bundesamt für Korruptionsbekämpfung. Sogar Stefan Petzner (BZÖ) und Peter Pilz (Grüne), ansonsten erbitterte Streiterwider und für die These, wonach für die Novellierung der Universaldienstverordnung (UVD) Schmiergeld an das BZÖ geflossen sei, waren sich in diesem Punkt einig: das sei unhaltbar. Lächerlich mache sich der Untersuchungsausschuss, rief Hannes Jarolim (SPÖ). Pilz und Petzner regten an, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Justizministerin Beatrix Karl (beide VP) vorzuladen.
An diesem Punkt wurde die demokratische Dramaturgie des Parlaments und seiner U-Ausschüsse sichtbar. Wahrheit Ja. Aber bitte nicht zu nahe bei mir!
Denn VP-Fraktionsführer Werner Amon wehrte sich mit Händen und Füßen gegen die Vorladung der beiden Damen. Mit dem exotischen Argument, die beiden Damen seien doch „nicht persönlich für die Übermittlung der Unterlagen zuständig“. Als ob es darum ginge, Handgriffe zu untersuchen und nicht politische Verantworrtung.
Schon am ersten Tag der Zeugenvernehmungen im Untersuchungsausschuss, am 26. Jänner, war der kunstvolle demokratische Tanz der VP-Truppe im U-Ausschuss zu bewundern. Amon muss nämlich aufpassen, bei der Befragung nicht zu tief zu bohren, um nicht die Beteiligung der damaligen Kanzlerpartei ÖVP an den aufklärungswürdigen Vorgängen rund um die UVD-Novellierung ins Rampenlicht zu zerren. Immerhin erzählte Gorbachs Kabinettschef Rüdiger Schender, der Staatssekretär im Gorbach-Ministerium, Helmut Kukacka (VP) sei damals „in alle Vorgänge“ eingebunden gewesen.
Langsam kommt die Sache in Schwung. Im Oktober 2011 berichtete das „profil“ von einer angeblichen Warnung des Kabinettschefs von Innenministerin Mikl-Leitner, Michael Kloibmüller, die Telekom solle nicht eine „zu offensive Informationspolitik“ in Zusammenhang mit angeblichen Zahlungen (über mehrere Ecken) an die Lobbyisten Peter Hochegger, Alfons Mensdorf-Pouilly und andere betreiben. Jungwirth arbeitete im Kabinett des Staatssekretärs Kukacka, heute ist er Assistent des Telekom-Vorstandes Hannes Ametsreiter. Erst verweigerte Jungwirth, von Petzner auf die „Warnung“ Kloibmüllers angesprochen, die Aussage. Er sei diesbezüglich von der Telekom nicht von der Verschwiegenheitspflicht entbunden worden. Nach einem Aufstand Petzners und Pilz‘, gab Jungwirth schließlich zu, der von Petzner zitierte Aktenvermerk sei von der ehemaligen TA-Mitarbeiterin Eva Mattes nach einem Gespräch mit Ametsreiter und Jungwirth angelegt worden. Da Mattes selber nicht beim Termin mit Kloibmüller dabei, war, habe sie die Sache offenbar ernster genommen, als sie war, meinte Jungwirth. Nämlich keine Warnung, lediglich ein Hinweis oder so. Jungwirth wurde von der Staatsanwaltschaft bereits dazu befragt. Der Akt sei jedoch, so Petzner, nicht dem U-Ausschuss gebracht worden.
Mattes‘ erste Aktenotiz vom 11. August wurde durch eine zweite Notiz am 12. August abgelöst. Angefertigt angeblich von Rudolf Fischer und Jungwirth. Nur damit man die Geschichte richtig versteht: Fischer war Vorstand der Telekom, Jungwirth Kukackas Mitarbeiter.
Mattes, die Ametsreiter zehn Jahre lang diente, verließ im Jänner 2012 überraschend die Telekom. Kloibmüller ist Gegenstand von staatsanwaltlichen Ermittlungen wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch, er weist alle Vorwürfe zurück.
Jungwirth war in der Anfangsphase seiner Kukacka-Phase bei einer Personal-Leasing-Firma der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich angestellt. Bei der bank werkte er als Assistent des Vorstandsvorsitzenden Ludwig Scharinger. Nach der Nationalratswahl wechselte Jungwirth in die Telekom, dort unterstützte er den (inzwischen pensionierten) Vorstand Rudolf Fischer, später den Finanzvorstand Gernot Schieszler und nun werkt er eben für Ametsreiter. Ein offenbar klassischer Karriereverlauf im schwarzen Teil Österreichs.
So wird es in den kommenden Monaten immer wieder gehen, die eine Partei findet einen Fleck auf der Weste der anderen Partei, und im U-Ausschuss spielen sie Fleckentod. Das Kernthema des Ausschusses, die Erwerbbarkeit von Gesetzen durch Geld, und damit der Respekt vor der Demokratie, ist oft nicht mehr das Ziel, sondern bloß das Mittel, um das eigene Tun zu rechtfertigen.
Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.