Die Beleidigheit, mit der ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel auf Kritik reagiert, lässt nichts Gutes für die Zuunft der Alpintruppe erahnen
Die Ski-WM ist überstanden, vom High am Ende durch Marcel Hirschers Slalom-Sieg euphorisiert, äußerte sich ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel abfällig über Kritiker und empfahl „seinen“ Sportlern und Funktionäre, die Lektüre von kritischen Zeitungen einzustellen. Da unter den Ungläubigen auch ein Mann namens Hermann Maier zu finden ist, richtet sich Schröcksnadels Ablehnung anderer Meinungen auch gegen sich selbst. Auch wenn Schröcksnadel das in seiner hermetisch abgeschirmten Denke gar nicht zu merken scheint.
Maier äußerte schon während der WM in seinem täglichen Blog Bedenken über die Behandlung der Sportler durch Trainer und Funktionäre – erst Erwartungsdruck erhöhen, im Misserfolgsfall enttäuschte Kommentare abgeben. Schröcksnadel insinuierte in Gefälligkeitsinterviews in Partnerzeitungen, Hermann Maier habe den kritischen Beitrag, in dem die ÖSV-Mandatare zur Selbstkritik aufgefordert werden, nicht selbst geschrieben. Damit spricht er seinem ehemaligen Star und Umsatzbringer die Fähigkeit zum eigenständigen Denken und Artikulieren ab. Maier solle sich persönlich an ihn wenden, fordert Schröcksnadel auf orf.at: „Seine Ratschläge nehme ich an, wenn er sich persönlich mit mir in Verbindung setzt. Über seinen Berater sicher nicht.“Schröcksnadel weiss offenbar nicht, wie sehr er sich demaskiert, wenn er feststellt: „Zurufe von außen sind kontraproduktiv.“ Die Haltung des „Mir san Mir“ kam schon im Fall der vom ÖSV verantworteten Doping-Skandalen bei den Olympischen Winterspielen in 2002 Salt Lake City und 2006 in Turin zutage. Damals setzte er einen ÖSV-internen Disziplinarausschuss ein und erklärte nach dessen Abschlussbericht die Affäre, die ja seiner Meinung nach nie eine war, für beendet.
Bei nüchterner Betrachtung müsste Schröcksnadel dämmern, dass Maier sehr wohl weiss und auch formuliert (wenn auch vielleicht nicht selber geschrieben) hat, was auf seinem Blog veröffentlicht wurde. Schließlich verteidigte Maier seine Ansichten auf einer Pressekonferenz und steht bis heute dazu. Die weinerliche Reaktion des ÖSV wird ihn – und die überwiegende Mehrzahl der Beobachter – in seiner Überzeugung bestärken, dass die Mannschaft des Skiverbandes ein grundlegendes Problem mit der Rezeption der Wirklichkeit hat. Das lässt für die Zukunft des Verbandes und die Fähigkeit, die verlorene Größe vergangener Tage zurückzugewinnen, nichts Gutes ahnen.
Selbst der letzte Star des ÖSV, Marcel Hirscher, hat zugegeben, dass die USA die Österreicher längst überholt haben. Glaubt Schröcksnadel, diese Erkenntnis mit einem grantigen Widerwort gegen den Urheber der kritischen Auslassungen aus der Welt schaffen zu können? Nimmt er an, dass Maier sich dieses Foul an seiner Glaubwürdigkeit und Vernunftbegabung wird gefallen lassen?
Schröcksnadel manövriert sich und den Skiverband in eine gefährliche Position, wenn er den populärsten Skifahrer der Gegenwart behandelt wie einen dummen Jungen. Maier wird von seiner Position nicht abrücken, und im Unterschied zu Schröcksnadel tragen ihn nicht durch Sponsorverträge gebundene „Partner-Medien“, sondern eine genuine, durch Erfolge erworbene und gestärkte, Popularität. Auch wenn die mit dem ÖSV vertraglich verbundene Kronen Zeitung derzeit ebenfalls gegen Maiers Berater argumentiert und so einen Keil in Maiers Lager zu treiben versucht, ist es keineswegs ausgemacht, dass das Boulevardblatt im Fall einer Eskalation auf Schröcksnadels Seite bleiben würde. Schon schwillt die Flut der Poster im Internet an, die ihrer Unzufriedenheit mit dem ÖSV-Präsidenten offen Ausdruck verleihen. Im Zweifel gehen die Massen mit einem Helden, und nicht mit einem grantig auf Einwände reagierenden Geschäftsmann.