Basketball: BC Zepter Vienna macht Wien wach
Das Spiel endet in schriller Hysterie. 16.000 Basketballfans springen auf, als Zarko Rakocevic den Ball im Korb versenkt. Schlussirene. BC Vienna hat Partizan Belgrad in der Wiener Stadthalle D 84:83 betoniert. Ein Resultat, das es nicht geben kann. Der Montenegriner Rakocevic marschiert in einem Regen von serbischen Schmährufen auf die Bank des BC Vienna zu und umarmt Trainer Andrea Maghelli. Teammanager Stjepan Stazic und sein Bruder, der Klubmanager Petar, strahlen. Als der BCV in die Adriatic League, in der Klubs aus serbien, Slowenien, Kroatien, Israel, Mentenegro und Bosnien spielen, eingeladen wurde, schielte man auf den österreichischen Markt. Niemand hatte damit gerechnet, dass BC Zepter Vienna eine Rolle im Wettbewerb spielen könnte.
Dieses Spiel ist noch Fantasie, es wird vielleicht irgendwann in der Zukunft stattfinden. An dem eiskalten Wiener Freitag elf Tage vor Weihnachten 2012 ist es ein Leuchten in den Augen von Stjepan Stazic: „Als ich gesagt habe, ich will der erste österreichische Basketballer im Ausland sein, haben auch alle gemeint: der Depperte!“ Aber dann spielte er mit 19 Jahren für Treviso Benetton in der italienischen Liga und später in Frankreich, Griechenland und Spanien. Seit zwei Jahren träumen er und sein Bruder davon, Wien basketballmäßig wachzuküssen.Vor zwei Jahren fusionierten die Stazic-Brüder, Wiener mit kroatischen Eltern, den BCV mit dem von ehemaligen Bundesliga-Spielern im Jahr 2000 gegründeten Verein Basket 2000. So ersparten sie sich den Marsch durch die unteren Ligen. Im Vorjahr erreichten sie das Viertelfinale, hatten gegen den späteren Vizemeister Gmunden (im Finale von Klosterneuburg besiegt) keine Chance. Heuer führen sie nach dem Grunddurchgang mit neun Siegen in zehn Spielen souverän die Bundesliga an. Wie geht das?
Die Wiener hätten sich eine Mannschaft zusammengekauft, heisst es, und sie bilden keinen Nachwuchs aus. „Stimmt“, sagt Stjepan. „Wenn wir in die Adriatic League wollen“, sagt er, brauchen wir fünf Super-Legionäre. Die sind nicht so das Problem. Aber wir brauchen auch fünf bis acht Österreicher, die auf dem internationalen Niveau spielen können. Wenn BCV sie ausbildet, dauert das zehn Jahre. Besser ist, der BCV übernimmt die Besten von anderen Klubs in die A-Mannschaft.“
Der neue Hauptsponsor Zepter verwendet den Verein als ein Instrument, seine Küchen- und Luxusartikel auf dem österreichischen Markt einzuführen. Dafür sorgt er für ein Vereinsbudget, das laut Petar Stazic und Vereinspräsident Thomas Stöphl immer immer noch erheblich unter dem der Liga-Größen wie Gmunden und Klosterneuburg liegt. Die haben angeblich eine Million Euro und mehr zur Verfügung. Aber mit weniger als einer halben Million werden die Wiener wohl auch nicht auskommen. Rakocevic, den Experten wie Ernst Weiss (Basketball-Guide!) als zu gut für die heimische Liga einstufen, verdient rund 50.000 € in der Saison, soviel gibt der diskrete Stazic dann immerhin zu.
Der BC-Coach Andrea Maghelli wurde gemeinsam mit dem Guard Benedikt Danek dem Konkurrenten Traiskirchen abgeworben. Maghelli, ein kleiner, unscheinbarer Mann, insistiert im Training in der Berufsschule auf Genauigkeit. Sie üben ein Angriffssystem, und wenn Lauf- und Ballwege nicht so genommen werden, wie Maghelli sich das vorstellt, wird er pitzelig. Dann sind die Riesen rund um ihn still, nicken und probieren das Ganze noch einmal.
Wien ist Basketball-Entwicklungsstadt. 1992 hat das letzte Mal ein Großstadtverein, SPI Wien, den Titel gewonnen. Mittlerweile müssen sie in der Stadthalle B (rund 1700 Sitzplätze) vor jedem BC-Heimspiel Zusatztribünen aufstellen. Woher soll eine Begeisterung für das Korbballspiel kommen? „Von Wienern wie mir“, sagt Stjepan. Von Menschen, die diese Stadt lieben und von Wienern mit kroatischen, serbischen, bosnischen, griechischen, russischen, montenegrinischen, türkischen Wurzeln. Viele lieben Basketball und suchen für ihre Begeisterung eine Herzensheimat, einen Verein, eine Mannschaft. „ich will Partizan hier haben“, sagt Stjepan nund wie er das sagt, klingt es nicht mehr ganz irre utopisch. „Ihre Fans werden uns niederschreien, aber dann habe ich sie in der Halle. Und das nächste Mal sind sie für uns. Weil wir hier sind und für sie spielen.“